Mehr als 300.000 Menschen bundesweit erleiden pro Jahr einen Herzinfarkt. Für die Überlebenden ist das Risiko für ein kurzfristiges weiteres Herz-Kreislauf-Ereignis sowie für lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen einschließlich eines plötzlichen Herztods noch Jahre danach deutlich erhöht. Studien zeigen, dass jeder fünfte Patient im Jahr nach dem Infarkt mit einem erneuten Herz-Kreislauf-Ereignis rechnen muss. Herzinfarktpatienten sind daher Hochrisikopatienten, die einer speziellen Nachsorge bedürfen. Einer der entscheidenden Faktoren, um das Risiko für den Herzinfarkt an sich und seine Folgeerkrankungen gering zu halten, ist der Wert des LDL-Cholesterins im Blut. Für sogenannte kardiovaskuläre Hochrisikopatienten gilt, dass ihr LDL-Cholesterinwert um mindestens 50 % vom Ausgangswert gesenkt und im Zielbereich von weniger als 55 mg/dl (oder 1,4 mmol/l) liegen sollte.
Diesen Zielbereich bei allen Hochrisikopatienten zu erreichen, dem hat sich die bundesweite Kampagne „Auf Ziel“ der Deutschen Gesellschaft für Lipidologie e. V. (DGFL) – Lipid-Liga verschrieben. Schon 65 Städte und Regionen bundesweit haben sich daran beteiligt und Ärzten in Papenburg und Umgebung schließen sich dieser Initiative mit „Papenburg auf Ziel“ an.
Bei einer Veranstaltung in Papenburg am 29. Oktober 2025 bekräftigten sie ihr Vorhaben, sich für alle Betroffenen im Landkreis Emsland stark zu machen, um deren Risiko für erneute Herz-Kreislauf-Ereignisse zu senken.
„Weniger als 20 Prozent der Risikopatientinnen und -patienten in Deutsch-land erreichen aktuell den LDL-Cholesterin-Zielwert“, konstatiert PD Dr. med. Rudin Pistulli (Chefarzt Medizinische Klinik I (Kardiologie), Marien Hospital Papenburg Aschendorf) und wissenschaftlicher Leiter der Veran-staltung. Zwar gibt es passende und sehr gut verträgliche Medikamente, die aber kommen bislang nicht bei allen Risikopatienten zum Einsatz. Auch meinen immer noch viele, dass Cholesterin mit entsprechender Ernährung in den Griff zu bekommen sei. Eine herzgesunde Ernährung ist wichtig und Basis jeder Behandlung, damit kann zwar das LDL-Cholesterin nur um durchschnittlich 15 Prozent gesenkt werden, in Einzelfällen aber so-gar bis zu 25 Prozent. Das ist für die allermeisten Hochrisikopatienten bei Weitem nicht ausreichend. „Mit ‚Papenburg auf Ziel‘ wollen wir daher in der Öffentlichkeit, bei Betroffenen und deren behandelnden Ärztinnen und Ärzten das Bewusstsein dafür erhöhen, wie wichtig ein niedriger LDL-Cho-lesterinwert ist, um das Risiko für atherosklerotische Erkrankungen zu senken“, führt Dr. med. Andreas Wilke (Kardiologische Praxis Papenburg) und Mitinitiator der Veranstaltung aus.
Aktives medizinisches Netzwerk zur Versorgung der Patienten
Die ärztliche Fortbildungsveranstaltung am 29. Oktober 2025 in Papenburg bildete den Auftakt der Kampagne in Papenburg und Umgebung. Dabei wurden niedergelassene Fachärzten, Hausärzten sowie Mediziner aus Kliniken im Emsland über die Kampagne informiert und in die Versorgung mit einbezogen. „Damit möglichst viele Hochrisikopatientinnen und -patienten in unserem Einzugsgebiet ihren LDL-Cholesterin-Ziel-wert erreichen, sind wir auf die Zusammenarbeit im Netzwerk angewiesen, und die Patientinnen und Patienten sind ein wesentlicher Teil dieses Netzwerks“, betont PD Dr. med. Rudin Pistulli. “In Kooperation mit den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen halten wir den engen Kontakt zu den Patientinnen und Patienten, informieren sie über die Notwendigkeit einer Senkung erhöhter LDL-Cholesterinwerte“, erklärt Dr. med. Andreas Wilke.
Neben dem Aufbau eines aktiven Netzwerks sieht die Kampagne vor, jeder Hochrisikopatient mit einem Lipidpass auszustatten. In diesem werden alle Werte und die Medikation erfasst und er soll zu allen Arztbesuchen mitgenommen werden. So sind alle Eintragungen und Entwicklungen bei jeder medizinischen Behandlung und für die Betroffenen selbst sichtbar. „Wir wollen jeden motivieren, seine LDL-Cholesterinwerte im Blick zu behalten und gemeinsam mit behandelnden Ärztinnen und Ärzten dafür zu sorgen, dass der Zielwert erreicht und dauerhaft eingehalten wird“, resümiert PD Dr. med. Rudin Pistulli.
Ziel ist es, einen Herzinfarkt gar nicht erst entstehen zu lassen
Cholesterin ist lebenswichtig für den Menschen. Die fettähnliche Substanz erfüllt wichtige Funktionen im ganzen Körper. So ist sie beispielsweise Be-standteil aller Zellmembranen, aber auch Ausgangsstoff für die Produktion von Gallensäuren zur Fettverdauung sowie für die Bildung von Vitamin D und bestimmten Hormonen. Cholesterin wird hauptsächlich in der Leber hergestellt, aber auch aus der Nahrung aufgenommen. Um alle anderen Zellen des Körpers damit zu versorgen, wird Cholesterin über das Blut transportiert. Zuständig hierfür ist in erster Linie das Lipoprotein LDL (Low Density Lipoprotein). Der LDL-Cholesterinspiegel im Blut steigt an, wenn die Körperzellen kein Cholesterin mehr benötigen oder aufnehmen können. Ist dies dauerhaft der Fall, kommt es zur Ansammlung von LDL-Cholesterin im Blut und zu Ablagerungen an den Blutgefäßwänden (den sogenannten atherosklerotischen Plaques). Diese Ablagerungen können aufplatzen, der Körper reagiert darauf mit einem Blutgerinnsel und der Blutdurchfluss wird blockiert. Passiert das in der Nähe des Herzens oder des Gehirns kommt es zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall, passiert es in den Beinen, wird das Laufen schmerzhaft, weil die Durchblutung gestört ist.
Das LDL-Cholesterin ist eine der entscheidenden Ursachen für Atherosklerose (früher auch als Arterienverkalkung bezeichnet) und ihre Folgeerkran-kungen wie Herzinfarkt, koronare Herzerkrankung, Schlaganfall und Durch-blutungsstörungen in den Beinen.
Bei der Kampagne ‚Papenburg auf Ziel‘ steht zunächst die Hochrisikogruppe der Herzinfarkt-Patienten im Fokus. Ziel soll aber natürlich sein, den LDL-Cholesterinwert aller Betroffenen mit entsprechenden Erkrankungen zu senken. Dazu zählen Patienten mit Schlaganfall, der Schaufensterkrankheit sowie langjährig an Diabetes Erkrankte und Patienten mit höhergradig eingeschränkter Nierenfunktion. Außerdem wollen die Ärzte im Netzwerk künftig noch früher ansetzen und den LDL-Cholesterinspiegel bei möglichst vielen ihrer Patientinnen und Patienten regelmäßig kontrollieren, um atherosklerotische Erkrankungen gar nicht erst entstehen zu lassen.
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