Esterwegen – Buchneuerscheinung “Bis auf weiteres”

Esterwegen. „Einer wird es einmal schreiben, Jakob. Einer aus der anonymen Schar derer, die davongekommen sind … Das Buch unserer Zeit … Das Denkmal des unbekannten Moorsoldaten …“ Diese Worte lässt der Autor eine Figur im Roman über das Konzentrationslager (KZ) Esterwegen sagen und meint damit vielleicht sich selbst.
Fabian Brand
Buchcover Buchneuerscheinung "Bis auf weiteres". (Foto: Weers/Gedenkstätte Esterwegen)

Doch das 1961 unter dem Pseudonym Valentin Schwan erschienene Buch geriet bald in Vergessenheit und die Identität des Autors blieb lange ein Rätsel. Erst 2015 konnte das Pseudonym durch die Recherchen von Sebastian Weitkamp (Gedenkstätte Esterwegen) und einen Zufall entschlüsselt werden: Hans-Otto Körbs – Häftling in Esterwegen 1935/36 – hatte den Text verfasst. Die Geschichte des Romans ist damit auch die Geschichte einer Wiederentdeckung.

In sachlichem Stil hat Körbs alias Schwan seine Erinnerungen an die Haft romanhaft verarbeitet. Er schreibt gedankenreich und tiefgründig über das Leben in einem der frühen Konzentrationslager in Deutschland: über die Häftlinge, die Lager-SS und die Gewalt. Körbs kam 1902 in Gau Odernheim in Rheinhessen zur Welt und engagierte sich seit 1922 als Bergmann in Castrop-Rauxel für die KPD. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten war Körbs wegen regimefeindlicher Äußerungen in der Strafanstalt Werl und den KZ Esterwegen und Sachsenhausen inhaftiert. Nach 1945 hatte er zeitweise ein Mandat für die KPD im niedersächsischen Landtag, ehe er sich mit der Partei überwarf. Er starb schließlich 1981 in Lüneburg.

Die Wiederentdeckung zog auch internationale Kreise, denn die erste Ehefrau von Hans-Otto Körbs war mit den gemeinsamen Kindern nach Schweden emigriert. Erst 2018 erfuhren die Tochter von Körbs und deren Kinder von dem Roman ihres Vorfahren: Der schwedische Enkel Birger Schmitz war durch seine Forschungen zur Familiengeschichte auf das entschlüsselte Pseudonym und den Roman seines Großvaters aufmerksam geworden.

Konzentrationslager Esterwegen 1936. (Fotoarchiv: Gedenkstätte Esterwegen/Sammlung Gerd-Peter Bragulla)

Sebastian Weitkamp, Co-Leiter der Gedenkstätte Esterwegen, hat den Text nun kommentiert und zusammen mit dem sehr persönlichen Bericht von Birger Schmitz neu herausgegeben. Eine Buchvorstellung in der Gedenkstätte Esterwegen ist in Planung.

Das Buch ist im Buchhandel und in der Gedenkstäte Esterwegen erhältlich: Valentin Schwan, Bis auf weiteres, Roman, Schriftenreihe der Gedenkstätte Esterwegen Bd. 4, 36 Euro.