Meppen – Vitus Werkstattrat im Gespräch mit MdB Albert Stegemann

Meppen. Viele Beschäftigte in Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) in Deutschland fordern gemeinsam mit den Werkstatträten eine fairere Entlohnung ihrer Leistung, und diese zukünftig aus einer Hand. Mit dem Appell einer gerechteren und angemesseneren Bezahlung wandten sich nun auch die drei Werkstatträte aus den Vitus Werkstätten in der Zeissstraße Meppen, aus dem Meppener Lohnbetrieb und aus Bokeloh gemeinsam mit dem Vitus Geschäftsführer und der Werkstattleitung an den CDU-Bundestagsabgeordneten Albert Stegemann.
Fabian Brand
Im Austausch: Vitus Werkstattrat und Mitarbeitende mit CDU-Bundestagsabgeordneten Albert Stegemann. (Foto: Vitus)

Im Schulungsraum der Vitus WfbM in der Meppener Zeissstraße unterstrich Tobias Bolmer, 1. Vorsitzender des Werkstattrates, die Forderung der knapp 700 Werkstatt-Beschäftigten bei Vitus nach einer Verbesserung der Entgeltsituation. So sei das Gehalt nicht ausreichend, um den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Werkstatt-Beschäftigten müssten daher mithilfe der Grundsicherung aufstocken. „Die Anträge sind kompliziert und müssen alle sechs Monate gestellt werden. Manchmal vergessen Beschäftigte auch den Antrag fristgerecht einzureichen, dann muss die Grundsicherung komplett neu beantragt werden“, erklärte Bolmer. Maria Brüggemann, ehrenamtliche Vertrauensperson des Werkstattrates, ergänzte: „Die Studie für ein neues Entgeltsystem in Werkstätten vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) schlägt eine Erhöhung von 25-78 Euro monatlich vor. Das ist völlig unzureichend.“

Hintergrund: Das Entgelt der Werkstattbeschäftigten setzt sich aus einem Grundbetrag und einem Steigerungsbetrag zusammen. Beides wird aus dem Arbeitsergebnis der Werkstatt bezahlt. Werkstätten sind aber keine reinen Produktionsbetriebe, sondern vor allem Rehabilitations- und Qualifizierungseinrichtungen So beträgt der aktuelle Grundbetrag 126 Euro und das durchschnittliche Entgelt liegt bei 222 Euro monatlich. Die Beschäftigten in den Werkstätten müssen in der Regel aufstocken und sind Grundsicherungs- oder Erwerbsminderungsrentenempfänger.

„Für viele Beschäftigte bedeutet die Beantragung und der Empfang der Sozial- und Rentenleistungen sowie der Verrechnung mit dem in der Werkstatt erarbeiteten Entgelt ein zu hoher bürokratischer Aufwand, der auch auf Seiten der Verwaltungen eingespart werden könnte“, so Michael Korden, Vitus Geschäftsführer.

Dem Vorurteil, dass viele Werkstätten ihre Beschäftigten bewusst im System Werkstatt halten würden, trat Christian Thien, Kompetenzfeldleitung Berufliche Qualifizierung und Teilhabe am Arbeitsleben, entgegen: „Vitus setzt sich bereits seit Jahren dafür ein, Beschäftigten eine Perspektive auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu geben. 

In diesem Jahr sind 85 Werkstatt-Beschäftigte auf Außenarbeitsplätzen in Betrieben tätig, knapp 50 in WfbM Außengruppen, wie den Cafés oder der Krämerei, und weitere rund 50 Personen werden jährlich bei beruflichen Praktika in Betrieben unterstützt. 18 Menschen werden aktuell durch Vitus im Budget für Arbeit und eine Person im Budget für Ausbildung begleitet.“

„In der Praxis sind die Bedingungen auf einem Außenarbeitsplatz nicht immer ganz leicht“, berichtete Carsten Patzker vom Vitus Werkstattrat, der bereits entsprechende Erfahrungen sammeln konnte. „Manche Aufgaben haben mich an meine Grenzen gebracht. Auf einem Außenarbeitsplatz zu arbeiten finde ich toll, aber ich habe auch etwas Angst davor.“ Stegemann betonte: „Genau deshalb haben Werkstätten aus meiner Sicht eine Daseinsberichtigung. Der Arbeitsplatz muss immer genau zum Teilnehmenden passen. Dieses Matching zu organisieren, ist eine wichtige Aufgabe der Werkstatt.“

Martin Lange, ebenfalls vom Vitus Werkstattrat, erklärte, wie wichtig auch der ÖPNV für die Beschäftigten sei. „Fehlende Bus- und Bahnverbindungen haben bereits verhindert, dass ein Außenarbeitsplatz besetzt werden konnte.“

Eine weitere wichtige Forderung griff Brüggemann zum Abschluss des Gespräches auf. Die von der Politik geplante Abspaltung des Berufsbildungsbereichs von den Werkstätten sei nicht der richtige Weg: „Ich befürchte, dass dadurch einige Teilnehmer*innen auf der Strecke bleiben, denn nach Beendigung des Berufsbildungsbereichs ist nach aktuellem Vorhaben niemand mehr dafür zuständig, diesen Personenkreis zu begleiten.“

Stegemann versprach, die ihm vorgetragenen Anliegen mit nach Berlin zu nehmen und schlug vor, im Rahmen einer Werkstatträte-Konferenz in seinem Wahlkreis den Austausch zwischen Menschen mit Behinderung und der Politik weiter zu forcieren.

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