Niedersachsens zweiter Standort für Telenotärzte entsteht in der Leitstelle Ems-Vechte

Meppen/Nordhorn. Als einer der ersten Landkreise Niedersachsens hat der Landkreis Goslar 2021 die Telenotfallmedizin eingeführt. Von den Erfahrungen profitiert nun auch die Leitstelle Ems-Vechte. Seit diesem Monat unterstützt das Goslarer Telenotarztteam per Videotelefonie die Notfallsanitäter der Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim. Hier sollen Anfang des kommenden Jahres Ärzte zu Telenotärzte ausgebildet werden.
Fabian Brand
Per Videotelefonie unterstützt der Telenotarzt die Notfallsanitäter am Einsatzort. (Foto: Landkreis Goslar)

Rund um die Uhr koordinieren die Mitarbeitenden der Leitstelle Ems-Vechte Einsätze in den Landkreisen Emsland und Grafschaft Bentheim. Dabei legen die Notärzte in dem rund 3.800 Quadratkilometer großen Versorgungsbereich oftmals längere Anfahrten zu Einsatzorten und Kliniken zurück. Gleichwohl zeigt die Erfahrung, dass die physische Anwesenheit eines Notarztes/einer Notärztin nicht zwangsläufig erforderlich ist, in manchen Fällen benötigt das Rettungsdienstpersonal lediglich eine ärztliche Entscheidung. Dem entstammt die Grundidee der Telenotfallmedizin: Indem sich der Notarzt/die Notärztin per Videotelefonie zum Einsatzort zuschaltet, stehen die sogenannten fahrenden Notärzt*innen für Einsätze zur Verfügung, die tatsächlich ihre physische Anwesenheit erfordern.

Das Telenotarzt-Programm rührt aus einem Modellprojekt des Landes Niedersachsen, finanziert durch die AOK und den Verband deutscher Krankenkassen. Bis Ende 2024 soll nun der Einsatz eines Telenotarztes in den Nachbarlandkreisen Emsland und Grafschaft Bentheim in einem Pilotprojekt erprobt werden, um die Initiative anschließend auf ganz Niedersachsen auszurollen. Ziel ist auch die Vernetzung räumlich voneinander entfernter Leitstellen und die Bündelung gemeinsamer Ressourcen. Während in Niedersachsen bislang nur der Landkreis Goslar über Telenotärzte am Standort verfügt, wird die Leitstelle Ems-Vechte zu Februar 2024 ebenso ein eigenes Telenotarztteam gründen. Zwei Arbeitsplätze und ein Bereitschaftsraum wurden zu diesem Zweck bereits eingerichtet. „Die Telenotfallmedizin ist die Antwort auf die Herausforderungen, die wir derzeit bei der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum ausmachen. Sie ist ein wichtiger Schritt in die Zukunft“, sind sich die Landräte Marc-André Burgdorf (Emsland) und Uwe Fietzek (Grafschaft Bentheim) sicher.

Momentan werden im Bedarfsfall die Telenotärzte aus Goslar zugeschaltet. Wie die Einbindung eines Telenotarztes funktioniert, weiß Dr. Tobias Steffen, ärztlicher Leiter der Leitstelle im Landkreis Goslar: „Der Telenotarzt unterstützt die ausgebildeten Notfallsanitäter per Videotelefonie, berät sie und trifft Entscheidungen, die ausschließlich Ärzten vorbehalten sind. Nimmt also der Notfallsanitäter vom Einsatzort aus Kontakt zur Leitstelle auf, alarmiert diese die Leitstelle des Landkreises Goslar, sodass eine Person des Telenotarztteams die weitere Patientenversorgung mit dem Rettungsdienstpersonal vor Ort besprechen kann.“

Sascha Lehky, kaufmännischer Vorstand der Leitstelle Ems-Vechte, ist durchweg zufrieden mit dem Start des Projektes: „Es gibt viele Szenarien, in denen der Telenotarzt aktiv unterstützen kann. Vorteilhaft ist dabei, dass wir in der Fläche eine höhere Verfügbarkeit der Ressource Notarzt gewährleisten können. Unser zukünftiges Telenotarztteam wird sogar drei Fälle parallel betreuen können. Das wäre ohne die Telenotfallmedizin gar nicht denkbar.“

Bereits vor Einführung der Telenotfallmedizin hatte sich eine Projektgruppe aus Vertretern der Landkreise Goslar, Emsland, Grafschaft Bentheim sowie der Leitstelle Ems-Vechte gebildet und sich über die Realisierungsmöglichkeiten verständigt. Anschließend wurden die Mitarbeitenden der Leitstelle sowie die Notfallsanitäter*innen geschult und das Rettungsdienstpersonal mit der erforderlichen Technik ausgestattet, z.B. mit Diensthandys, Headsets und Tragesystemen. „Für den einen oder anderen Patienten mag es erst einmal befremdlich sein, Rettungsdienstmitarbeitende mit Tragesystem, Kamera und Headset zu sehen. Daher klärt der Rettungsdienst alle Patienten vor der Behandlung auf“, erläutert Michael Speer, operativer Leiter der Leitstelle Ems-Vechte.

Qualitätsmanager Holger Schmalfuß von der Leitstelle in Meppen hat stets einen Blick auf die Daten der aktuellen Pilotphase. Analog zu Goslar werden sie durch die Universitätsmedizin Oldenburg evaluiert. Schmalfuß weiß: „Sowohl die Patienten als auch unsere Kollegen haben das Telenotarzt-System gut angenommen. Die Rettungskräfte an den Einsatzorten begrüßen die Schnelligkeit und zusätzliche Sicherheit durch den Einsatz der Telenotärzte. In den bisher über 90 Fällen hat sich ein hoch qualitatives Team aus den Notfallsanitätern unseres Versorgungsbereiches und den Telenotärzten aus Goslar gebildet. Es lohnt sich, das Projekt weiterzuführen.“

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