Während Edgar Lopez Duran (21 Jahre) und Ricardo Timinez (22) beim Wintergartenzentrum Meyer Elementebau GmbH in Westoverledingen arbeiten, sind Hugo Ramirez (21) und Israel Morales (21) bei der EBE Eschen Bauelemente GmbH & Co. KG in Wiesmoor tätig. Diese und drei weitere mexikanische Fachkräfte haben dank der Wachstumsregion Ems-Achse und der Kreishandwerkerschaft LeerWittmund im Juni 2025 den Schritt von Mexiko in den Nordwesten Deutschlands gewagt. Entscheidenden Anteil daran hat die Projektmanagerin der Ems-Achse, Stephanie Leigers. Die gebürtige Emsländerin hat über 20 Jahre in Mexiko gelebt und verfügt dort über gute Kontakte zu Universitäten, Ausbildungsrichtungen und Behörden.
Sie organisierte 2024 eine mehrtägige Mexiko-Reise für deutsche Unternehmer, unter ihnen auch Malte Eschen. “Ich habe damals den direkten Kontakt zu den Bewerbern gesucht.” Nicht zuletzt, weil sie in ihren elterlichen kleinen Handwerksbetrieben bereits mit Alu-Elementen arbeiteten, entscheid er sich für Hugo Ramirez und Israel Morales. Jetzt sitzen sie zusammen in seinem Büro in Wiesmoor. “Wir haben in Mexiko ein Jahr lang Deutsch gelernt”, sagt Hugo im Pressegespräch. Beide absolvierten in Mexiko zudem eine zweieinhalbjährige Ausbildung zum Mechatroniker.
Beide Seiten bereuen den Schritt nicht. Dabei ist Unternehmer Malte Eschen finanziell in Vorleistung gegangen. So übernehmen die deutschen Unternehmen die Kosten für die Sprachausbildung und die Flüge. “Wir haben ihnen dann in 200 Meter Entfernung von unserer Firma noch eine tolle Wohnung angemietet und komplett möbliert”, berichtet der Ostfriese. Selbst der Kühlschrank war gut gefüllt, und es gab ein zur Begrüßung ein Willkommenspaket, einschließlich Arbeitskleidung.
Stolz präsentiert Israel die eigenen vier Wände, die er mit Hugo bewohnt. “Wir haben sogar beim Dekor und Teppich gezielt auf mexikanische Farben und Motive geachtet”, sagt Unternehmer Malte Eschen. Zusätzlich haben die jungen Männer an der Hauswand zur Straße gut sichtbar noch die mexikanische Fahne aufgehängt. Zweimal in der Woche telefonieren sie mit ihren Eltern in der 10.000 Kilometer entfernten Heimat. “Wenn es hier 17 Uhr ist, ist es bei meinen Eltern 10 Uhr morgens”, so Israel. Sehr angetan ist der Wiesmoorer Unternehmer davon, wie sauber die jungen Männer die Wohnung halten.
“Ein Kollege von uns hilft zudem bei den Einkäufen und unternimmt in der Freizeit weitere Aktivitäten mit ihnen”, ergänzt Ausbildungsleiter Lukas Schlünder. “Beide haben sich hier jedoch erstaunlich schnell eingelebt”, so Malte Eschen. So erkunden sie gerne mit denen von der Firma gestellten Fahrrädern die Umgebung.
Die erste Bilanz der jungen Fachkräfte ist ebenfalls sehr positiv: “Wohnung und Arbeit sind perfekt”, sagt Israel. Die Kollegen seien sehr hilfsbereit. Fast alles sei “sehr schön”. In einem sind sie jedoch mit Blick aus dem Fenster einig: “Das Wetter ist nicht so gut.” Zudem vermissen sie ein bisschen die mexikanische Küche mit ihren “scharfen Gewürzen”. Zu ihren Lieblingsspeisen zählen mittlerweile Döner mit viel Tsatsiki.
Anfangs ließen die Deutschkenntnisse der neuen Kollegen jedoch noch zu wünschen übrig. “Wir mussten ihnen zuerst noch viel zeigen, weil sie nicht alles verstanden oder lesen konnten”, sagt Lukas Schlünder. Dies habe sich aber schnell verbessert. Sie können “selbstständig arbeiten, sind sehr flexibel und hoch motiviert”. Der Ausbildungsleiter lobt Hugo und Israel dafür, dass “sie sofort sehen, wo sie mit anpacken können”. Es sei für sie selbstverständlich, dass sie die insgesamt 24 Kollegen im Betrieb unterstützen oder abends mal länger arbeiten, wenn ein Auftrag unbedingt abgearbeitet werden muss.
“Ich bereue auf keinen Fall, diesen Aufwand betrieben zu haben”, sagt Unternehmer Malte Eschen. So gibt er nicht nur einen Zuschuss zur Wohnung, sondern stockt das Gehalt der beiden Azubis freiwillig um 300 Euro auf. Er hofft, dass das Anerkennungsverfahren der deutschen Behörden schnell vorankommt, damit die Mechatroniker-Ausbildung von Hugo und Israel in Mexiko hier anerkannt wird und sie als Gesellen eingestuft und bezahlt werden. Es kann jedoch sein, dass sie in bestimmten beruflichen Modulen noch nachgeschult werden müssen.
Dasselbe gilt für ihre beiden Kumpels Edgar Lopez Duran (21 Jahre) und Ricardo Timinez (22) in Westoverledingen. “Wir fahren jeden Dienstag nach Feierabend zwei Stunden mit dem Bus von Wiesmoor nach Leer und besuchen sie”, so Hugo. Edgar und Ricardo bewohnen ein Haus in Ihrenerfeld (Gemeinde Westoverledingen), das ebenfalls ihr Arbeitgeber für sie besorgt und komplett eingerichtet hat. Hugo und Israel übernachten dienstags dort. Mittwochs geht es dann für die vier jungen Mexikaner gemeinsam zu den Berufsbildenden Schulen nach Leer. Dort stehen jeweils vier Stunden Deutschunterricht bzw. Fachkunde für Metallbauer mit der Fachrichtung Konstruktionstechnik auf dem Programm.
Auch Karin Meyer, Kollegin und Ehefrau von Unternehmer Uwe Meyer von der Wintergartenzentrum Meyer Elementebau GmbH hofft, dass das berufliche Anerkennungsverfahren möglichst schnell über die Bühne geht. “Beide können und wollen arbeiten”, bilanziert sie. Sie kämen zudem mit den Kollegen super aus. “Die Arbeit macht Spaß”, sagt Edgar.
Die vier jungen Mexikaner nutzen zudem die Chance, Deutschland besser kennen zu lernen. “Wir sind zusammen mit dem Zug nach Köln gefahren”, sagt Ricardo. Die Stadt mit dem großen Dom sei sehr beeindruckend gewesen. “Wir haben im Hostel übernachtet. Es war super”, so Edgar. Weitere Städtetrips nach Hamburg und München sollen folgen. Allerdings vermisst nicht nur Ricardo die mexikanische Sonne: “Hier ist es kalt und es regnet viel.” Er hat fast täglich Kontakt über Facetime mit seinen Eltern und seinen beiden Brüdern. “Dann erzähle ich ihnen, wie die Arbeit war”, so Ricardo. Alle vier planen im Sommer eine mehrwöchige Reise in die Heimat. Nach fünf Monaten in Ostfriesland steht für Ricardo aber fest: “Deutschland war für mich der richtige Schritt.”
Hintergrund:
Die 2006 gegründete Wachstumsregion Ems-Achse ist ein Bündnis von Unternehmen, Kommunen, Bildungseinrichtungen, Kammern und Verbänden in Ostfriesland, im Emsland und in der Grafschaft Bentheim. Die über 900 Mitglieder der Ems-Achse beschäftigen zusammen mehr als 120.000 Menschen. Schwerpunkte der gemeinsamen Arbeit sind die Gewinnung und Sicherung von Fachkräften, die Vernetzung der Akteure und Lobbying für die Region. Mehr unter www.emsachse.de.
_____
Unser kostenloser Infoservice:
Ihr möchtet alle wichtigen News aus dem Emsland per WhatApp direkt auf Euer Smartphone bekommen? Dann klickt hier:

Betriebsstoffe traten aus beiden Fahrzeugen aus (Foto: Stadt Papenburg / Feuerwehr)